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„AFRIKAS DIMENSION in der westlichen Medienlandschaft“: Symposium oder Palaver?

Eine hervorragende Idee, zumindest, auf erstem Blick. Der Tag der afrikanischen Presse ist tatsächlich ein guter Anlass für die Veranstaltung eines Symposiums, um eine wissenschaftliche Expertise bezüglich der Berichterstattung über Afrika in westlichen und insbesondere in österreichischen Medien durchzuführen. Das Thema („Afrikas Dimension in der westlichen Medienlandschaft“ ist gut gewählt, der Datum (23.- 24 September 2010) bereits festgestellt, die Organisatoren (das Bundeskanzleramt, das Österreichische Rundfunk [ORF], das Institut für Publizistik, das Renner-Institut der (regierenden) SPÖ, d.h. der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, AfrikaNet Info, die renommierte der ebenfalls regierenden Österreichischen Volkspartei nahe stehende Tageszeitung „Die Presse“, IOM d.h. die eigentlich zwischenstaatliche Internationale Organisation für Migration, berüchtigt für die Organisierung von „freiwilligen“ Rückreisen der Migranten in ihre Heimatländer, das Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation [VIDC] und sogar die als „American Embassy“ bezeichnete US-Botschaft) prominent und der glanzvolle Schein der Veranstaltung gesichert. Wer dabei sein möchte, um die Gesellschaft der Excellenzen zu genießen wird zur Kassa gebeten: 100 Euro als Teilnehmergebühr! Natürlich, nicht für Studenten. Für die „Eintrittskarte“ sollen sie nur… 25 Euro zahlen.

So weit, so schön. Was ist aber mit dem Inhalt? Die Internetseite von Radio Afrika TV kündigt dreiThemen an: die Berichterstattung über Afrika in den westlichen Medien, die Medienpolitik sowie ihre Hintergründe und die Teilnahme von Migrantinnen und Migranten in der Medienlandschaft. Es sind unfangreiche Themen, die eine umfangreiche wissenschaftliche Analyse verlangen. Wird dies aber möglich sein? Da die Ankündigung des Symposiums auf die Internetseite von RATV mit 10. August 2010 datiert ist, ist es zu befürchten, dass es für die Vorbereitung von Referaten zu wenig Zeit zur Verfügung stand. Andererseits, die Namen der Teilnehmer, die erst Anfang September auf der Internetseite von Radio Afrika TV veröffentlicht sind, beeindrucken zwar durch ihre Zahl, nicht aber durch ihre wissenschaftliche Kompetenz. Wenn man annimmt, dass von den 17 aufgelisteten Teilnehmern, nur zwei (eventuell drei) in einer akademischen oder wissenschaftlichen Institution und alle andere im Bereich der journalistischen bzw. politischen Praxis tätig sind, ist es schwer zu erwarten, dass ein solches Symposium fundierte wissenschaftliche Analysen präsentieren könnte.

Mag sein, dass man dabei viel über persönliche Erfahrungen, Erlebnisse und Nachdenken hören würde. Das ist zweifellos vom Interesse. Aber braucht man, um sie zu hören, einen Symposium einzuberufen und das noch in eine dafür offensichtlich zu kurze Zeit? Ein Symposium soll nicht nur ein Problem erörtern, sondern auch auf die Vielfältigkeit von Ursachen hinweisen und dadurch Wege für weitere Forschungen in einem bestimmten Gebiet anbahnen. Das verlangt eine harte, seriöse und langwierige wissenschaftliche Forschungstätigkeit, denn nur so kann man zu seriösen, sachlichen und vorurteilsfreien Ergebnissen kommen. Das verlangt aber auch eine gute, fachliche Vorbereitung, was in diesem Fall offensichtlich schwer möglich war.

Seien wir getrost. Wir leben in einer Zeit in der Symposien, Konferenzen, Kongresse und Monsterveranstaltungen aller Art auch auf internationale Ebene „in“ sind. Für Tagungen gibt es immer Anlässe, irgendwelche Jubiläen oder internationale Tage, die man mit irgendwelchen Treffen von prominenten Persönlichkeiten feiert. Was man dabei sagt ist nebensächlich. Wichtig ist, dass es zu irgendwelchem, sei es auch wissenschaftlichen Zusammenkunft gekommen ist. Je feierlicher und imposanter sie ist, umso besser. Wir feiern, schließlich, ein Fest, sogar mit Institutionen die dem Establishment bzw. der regierenden österreichischen politischen Parteien nahe stehen. Übrigens, bedeutet nicht das griechische Wort „Symposion“ „Trinkgelage“?

Dennoch stellt man sich immer wieder die Frage, aus wie vielen Symposien ist nichts geworden - bis auf Spesen? War der ganze Aufwand überhaupt notwendig? Gerade für eine Medieninstitution wie Radio Afrika TV ist das wichtig, darüber nachzudenken. Warum soll eine Medienanstalt Symposien, die viel Aufwand und Investition verlangen, organisieren? Um den Afrikapressetag zu kennzeichnen? Das könnte durch die Veranstaltung von einem Studiogespräch effizienter und fachlich geeigneter erfolgen. Bestimmt, das wäre nicht so spektakulär, wäre aber angemessener und, vor allem, billiger. Ein guter Journalist bzw. Journalistin hätten mit gut gewählten Fragen von einer geringeren Zahl von Fachleuten einige treffende Hinweisen über das Problem von „Afrikas Dimension in der westlichen Medienlandschaft“ kriegen können ohne dabei, wie bei einem Symposium, wissenschaftlich fundierte Referate präsentieren zu müssen. Durch die Veranstaltung von einem Symposium anlässlich eines internationalen Tages lässt sich aber Radio Afrika TV eher in der Bahn der Tagespolitik als der Wissenschaft einlenken und sich mit einem Bereich, das ihm nicht gehört, zu beschäftigen. Die Tatsache, dass Radio Afrika TV für eine solche Veranstaltung eine Teilnehmergebühr verlangt zeigt in welchem Ausmaß die Professionalität ihrer Tätigkeit zu wünschen hat. Man darf nämlich weder Information, noch die Wissenschaft als Ware behandeln, sondern dies als allgemeines Gut betrachten und als solches zu fördern. Damit zu verdienen wirft ein schlechtes Bild auf das ganze Konzept dieser Veranstaltung, die offensichtlich mehr auf repräsentative als auf medialen und wissenschaftlichen Gewinn zielt. Die Folge könnte noch schlimmer sein, falls die Referate keine wesentlich neue Erkenntnisse über Afrikas Dimension in der westlichen medialen Landschaft bringen werden. Dann wird man eher mit einem unseriösen Palaver als mit einem wissenschaftlichen Treffen zu tun haben. Das wäre kein Novum in unserer postmodernen Zeit, die die Inhaltslosigkeit in den Deckmantel der Wissenschaft zu hüllen mag. Soll man aber nicht sich endlich von solchem Vorgehen abwenden? Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken. Auch für Radio Afrika TV.

PS: Der Obmann von Radio Afrika TV hat darüber offensichtlich nachgedacht, denn am Tag als dieser Text in leave comment der Internetseite von Radio Afrika TV erschienen war, wurde er noch am selben Tag (6. September 2010) entfernt und das Kommentarkästchen blieb bis zum Ende des Symposiums für alle Kommentare der Leser gesperrt! Zensur pur wie in einer Demokratur und ein Musterbeispiel dafür, wie Anhänger solcher Systeme mit der Freiheit der Presse und den Kritischdenkenden umgehen, weil sie, im Grunde genommen Angst vor der Verlust ihres Ansehens haben. Gerade deshalb darf man Träger solcher Handlungen nicht „in Ruhe lassen“ (wie das der Obmann von Radio Afrika TV in seinem E-mail vom 6. September 2010 vom Autoren dieses Textes verlangte) , sondern ihren Einsatz gegen die Pressefreiheit mit Argumenten bekämpfen, bevor es dafür nicht zu spät wird.

Les Essais
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